Was mir dazu einfällt:
aber letztes Jahr mussten wir fast alle Anfragen ablehnen. In den allermeisten Fällen weil Erwartungen der Veranstalter und unser Credo zu weit auseinanderlagen. Entweder war der Anlass zu sehr auf esotherisch getrimmt oder es war einfach ein Mischmasch von Schottenrockträgern mit Breitschwert und Trinkhorn
Ein Problem das ich häufig erkenne ist, dass das Keltische uns in der heutigen Zeit in verschiedenen Formen begegnet:
- Zum einen in historischer Darstellung, wie sie hier im Forum und (im Optimalfall) auf Museen und Märkten vertreten ist
- Dann das Celtic Recon, welches eher bestrebt ist, aus den Überlieferungen eine moderne keltische Tradition zu schaffen, die möglichst an die Stämme der Antike anknüpft
- Und zuletzt oder pseudo- oder postkeltisches bzw auch das was ich gerne "keltisch inspiriert" nenne. Dazu zählen für mich Dinge wie keltischer Folk Metal, Neodruidentum, esoterisches Keltentum - Irish Pubs und ähnliches könnte man da meinetwegen auch noch dazu nehmen. Hat zwar alles Wurzeln im keltischen, aber mit den historischen Kelten nicht viel zu tun und beansprucht das auch nicht.
Jetzt hat natürlich all das seine Berechtigung für sich, schwierig wird es aber dann, wenn man es miteinander verwechselt oder vermischt.
Klar - es kann sich gegenseitig inspirieren, keine Frage. Reenactors und Recons profitieren zweifellos vom Austausch, Recons können vieles aus der Esoterik oder modernen postkeltischen Kulturen für sich übernehmen usw... aber mir würde heute nicht mehr einfallen, in Hallstatt-Kleidung auf Marktlagern einen altirischen Anhänger zu tragen, nur weil ich als Kelte unterwegs bin und daher alles repräsentieren kann, was ich als keltisch kenne. In meiner Jugend habe ich tatsächlich so gedacht...
Effekte solcher Vermischungen und falscher Erwartungen sieht man zum Beispiel ganz gut an Gabreta: In Ermangelung der Kenntnisse vom religiösen Brauchtum der Inselkelten, weil einfach alles von Irland und irgendwelchen neuheidnischen Ansätzen überschattet wird, feiern die meisten Gruppen ihre Festen auf inselkeltischen Daten, die dann von einem Projekt wie Gabreta übernommen werden.
Gerade die Recons haben oft bemängelt dass man sich auch in Museumskreisen gerne auf esoterische oder inselkeltische Grundlagen stützt, einfach weil die jeder kennt und man damit einfacher Leute für sich gewinnen kann. Oder einfach aus Unwissen.
Bei den Alamannen hab ich auch schon ähnliches erlebt, da geht das dann so weit, dass ich "Schwarze Sonnen" auf angeblich historischen Rundschilden sehe oder man ein alamannisches "Julfest" zum 21.12. für authentisch hält, obwohl gerade "Jul" nur im Nordischen und Gotischen bezeugt ist und das alamannische Winterfest wohl kongruent zum römischen Datum stattgefunden haben muss.
Ich möchte wie gesagt keinem Museum oder sonstwem absprechen, unhistorische Veranstaltungen anzubieten. Muss ja auch nicht, man hat ja dann interessantere Gestaltungsmöglichkeiten. Aber dann sollte man es nicht als "authentisch keltisch" verkaufen und etwas mehr für die Trennung von neuem und altem Keltentum sensibilisieren. Und dazu hoffe ich dass alle die es betrifft - auch wir - im kommenden Jahr einen Beitrag dazu leisten können!